RTL-Reporter besucht Don Bosco Club Essen
Essen – Einen ganzen Tag verbrachte ein Reporter von RTL in unserem Don Bosco Club Essen-Borbeck und sprach mit Kindern, Eltern und Betreuern. Sein Fazit: Den Kindern fehlt in diesen Lockdown-Tagen viel zu viel. In diesem Beitrag berichtet der Journalist Daniel Spliethoff von seinen persönlichen Erlebnissen:
„Der Lockdown wird unsere Kinder um ein bis zwei Jahre zurückwerfen!“, sagt Betreuer Tom mir bei meinem Besuch im Don Bosco Club in Essen Borbeck. Ich durfte einen ganzen Tag in dem Jugendzentrum im Essener Norden verbringen, mit Kindern, Eltern und Betreuern sprechen und kann am Ende sagen: Den Kindern fehlt in diesen Lockdown-Tagen viel zu viel.
Don Bosco Club kann normalerweise 150 Kinder betreuen - jetzt sind es einzelne
Der Don Bosco Club ist groß, richtig groß. 150 Kinder machen hier normalerweise einen Riesenlärm, spielen, quatschen oder machen ihre Hausaufgaben. Derzeit sind es nur zehn Kinder und das auch über den Tag verteilt. Ich werde an der Tür von der kleinen Selina begrüßt, sieben Jahre alt und ein Wirbelwind.
Die Grundschülerin macht hier immer ihre Hausaufgaben, zu Hause müsste sie das ganz alleine machen, hier bekommt sie Hilfe. „Wenn keine Schule ist, komme ich immer hier hin. Wenn hier zu ist, gehe ich manchmal zu meiner Oma“, sagt sie mir. Ihre Geschichte ist typisch für den Stadtteil und auch für viele andere Familien in Deutschland. Dass Eltern nochmal in aller Ruhe mit ihren Kleinen über die Schulaufgaben schauen können, ist keine Selbstverständlichkeit.
Vielen Kindern fehlt es im Lockdown an Tagesstruktur
So gut es ist, dass Selina hier Hilfe bekommt: Viele andere bekommen die derzeit nicht. Der Club darf Kinder in Eins-zu-Eins-Betreuung begleiten. Betreuer Tom Jekel tut das mit Leidenschaft, aber er macht sich riesige Sorgen um all die Kinder, die Außen vor bleiben: „Ich glaube, wir werden die Folgen von den beiden Lockdowns noch gar nicht absehen können. Ich rechne damit, dass das viele Kinder um ein oder zwei Jahre zurückwerfen wird.“
Wenig Präsenzunterricht, wenig Tagesstruktur, kaum Hilfe beim Homeschooling und Pandemiemüdigkeit: Es ist ein Teufelskreis vor allem für Familien in finanziell schwachen Verhältnissen. Tom Jekels Chefin Susanne Bier erzählt mir davon, wie träge manche Kinder geworden sind. „Der ganze Tagesablauf hat sich bei vielen verändert, weil die nicht alle morgens am PC sitzen müssen, um mit der Schule zu kommunizieren. Und so kommt das vor, dass Kinder hier um 13 Uhr sein müssen, das aber nicht schaffen, weil sie die Nacht zum Tag machen, dann irgendwann ins Bett gehen und morgens Schwierigkeiten haben, aufzustehen.“
Mit jedem weiteren Lockdown werden die Probleme für Kinder größer
Müde, schlapp, wenig Motivation – man könnte es die Lockdown-Krankheit nennen. Der Don Bosco Club bietet seinen jungen Besuchern so viele Möglichkeiten: ein riesiges Außengelände, ein Medienraum, wo professionelle Videos hergestellt werden können und sogar ein Box-Gym. Dort darf derzeit aber nur unter Auflagen trainiert werden und natürlich alleine. Alles köchelt derzeit auf Sparflamme.
„Langsam geht es denen auf den Keks“, sagt mir Mutter Jana Lotha. Ihre Kinder sind gereizt, nicht ausgelastet und das Homeschooling läuft auch eher schlecht als recht. Sie ist extra wegen des Besuchs des Fernsehteams in den Club gekommen. Allen hier ist wichtig, dass sie das Virus nicht unterschätzen, sie nehmen das hier sehr ernst. Aber es bleibt trotzdem auch ein Teil der Pandemie-Wahrheit, dass Lockdown für Lockdown die Probleme für Kinder und Jugendliche größer werden.
Kinder vereinsamen und bewegen sich weniger
„Wir merken schon, dass die Strukturen der Kinder mehr und mehr aus den Fugen geraten und dass sie auch an Gewicht zunehmen. Weil sie sich eben immer weniger bewegen und immer mehr essen. Die vereinsamen oder sind mit ihrer Playstation beschäftigt. Wir haben für uns die Befürchtung, dass, wenn der Club dann wieder normal öffnet, dass es sehr schwierig wird, die Kinder wieder hier hin zu bekommen, weil die auch einfach sehr träge geworden sind“, sorgt sich Susanne Bier.
Sie und ihre Kollegen arbeiten dagegen an und trotzdem bleiben am Ende meines Besuchs im Don Bosco Club die Worte von Betreuer Tom bei mir hängen: Die Folgen des Lockdowns können wir noch überhaupt nicht absehen – und das gilt vor allem für die Jüngsten in unserer Gesellschaft.
Text: Daniel Spliethoff (RTL), Foto: Don Bosco Club Essen-Borbeck