Interview Francesco Bagiolini
Frieden, Gerechtigkeit und interkulturelles Verständnis
Auch in diesem Sommer werden rund 50 junge Menschen einen Freiwilligendienst im Ausland mit Don Bosco antreten. Eine Entscheidung, die das Leben prägt. So wie Don Bosco damals in Turin, kümmern sich heute unsere Volunteers um benachteiligte Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt. Sie leben den Geist Don Boscos im Alltag, in dem sie Kindern und Jugendlichen ihre Zeit, ihre Energie, ihre Kreativität und ihre Talente zur Verfügung stellen. Dieses Jahr zeigt ihnen, wie komplex und vielfältig soziale Probleme in unserer Gesellschaft sind, und bietet ihnen die Möglichkeit der Reflexion. Trotz der teilweise enormen sozialen Ungleichheiten, denen sie während ihres Einsatzes begegnen, bringen die Volunteers durch ihre Motivation und Optimismus eine Hoffnung für eine bessere Welt, in der Frieden, Gerechtigkeit und interkulturelles Verständnis immer im Vordergrund stehen sollten.
Die Aussendungsfeier schließt die Vorbereitungszeit in Deutschland ab. Sie stellt nicht nur für die Freiwilligen eine besonders emotionale Erfahrung dar, sondern auch für ihre Familien. In diesem Rahmen wird allen klar, dass die Entscheidung, einen Freiwilligendienst anzutreten, nicht nur Freude, sondern auch Sorgen bereiten kann: Abschied vom gewohnten und vertrauten Umfeld nehmen zu müssen, für ein ganzes Jahr weit weg von Familie und Freunden zu sein und auf bestimmte Lebensstandards verzichten zu müssen.
Ich persönlich erlebe den Tag der Aussendungsfeier mit großer Freude, da ich an diesem Tag spüren kann, dass die Idee Don Boscos weitergetragen wird. Junge Menschen lassen sich heute noch von Don Boscos Gedanken begeistern und nehmen ihn als Vorbild für ihre Arbeit. Gleichzeitig wird mir an diesem Tag aber noch klarer, dass nicht nur die Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen, sondern auch die Volunteers selbst während des Jahres Begleitung brauchen. Sie sind in diesem Jahr vielen neuen Erfahrungen, Krisen und Herausforderungen ausgesetzt. Ich verstehe meine Rolle als Koordinator nicht nur als Vermittler von Einsatzstellen im Ausland, auch wenn Bürokratie und viele organisatorische Aspekte manchmal einen Großteil meiner Zeit in Anspruch nehmen. Ich erlebe im Alltag, wie wichtig es ist, für die Volunteers ein Wegbegleiter zu sein und immer ein offenes Ohr für sie zu haben. „Assistenz in Fernbeziehung“ bzw. „Assistenz 2.0“, teilweise 24/7 und mit Zeitverschiebung, kann manchmal eine Herausforderung darstellen.
In wenigen Tagen werden unsere Volunteers mit Reisepass und Bordkarte in der Hand am Abfluggate sitzen. Ich kann mir vorstellen, was ihnen gerade durch den Kopf geht. Eine spannende Zeit und der Beginn einer neuen Lebensphase. Wenige Tage später werden 51 Rückkehrerinnen und Rückkehrer an den Abschlussseminaren in Jünkerath und Benediktbeuern teilnehmen. Die beiden Treffen stellen das Ende einer prägenden und unvergesslichen Zeit, aber auch den Beginn einer neuen Lebensphase dar. Die Begeisterung für die Idee Don Boscos wird nicht zur Seite geschoben, da der Freiwilligendienst nicht mit der Rückkehr enden soll. Durch das Konzept „Don Bosco Volunteers Plus“ versucht die Deutsche Provinz, ein starkes Netzwerk von ehemaligen Volunteers aufzubauen, die auch nach ihrem Freiwilligendienst im In- und Ausland weiterhin Teil der Don Bosco Familie sein möchten. Vor 14 Jahren habe ich selbst einen Freiwilligendienst in Benediktbeuern geleistet und ich blicke immer gerne auf diese Zeit zurück. Meine Entsendestelle, die „Federazione SCS/CNOS“ in Rom, hatte damals ein Motto für ihre Werbekampagne entwickelt, das lautete: „Freiwilligendienst: ein Jahr, das dein Leben verändert“. Ich kann 14 Jahre später diesen einfachen Satz nur unterstreichen.
Francesco Bagiolini
Alter: 39 Jahre
Einrichtung: Aktionszentrum Benediktbeuern
Zur Person: Bagiolini ist in Italien im Landkreis Varese geboren und aufgewachsen. Nach seinem Studium der Sprachwissenschaften, Germanistik und Slavistik an der Universität Bari hat er einen Freiwilligendienst im Aktionszentrum Benediktbeuern geleistet. Seit 2007 ist er hauptamtlicher Mitarbeiter im Bereich der internationalen Jugendarbeit. Neben seinem Beruf studiert er gerade Bildungswissenschaft an der Fernuniversität Hagen.