Studientag: Die Grundzüge der salesianischen Spiritualität
München/Online – „Alles aus Liebe und nichts aus Zwang“ – dieses Zitat von Franz von Sales, dessen 400. Todestag wir in diesem Jahr feiern, hat der Generalobere der Salesianer Don Boscos zum Jahresleitgedanken 2022 erkoren und er beschäftigte am 8. Januar auch die Teilnehmer*innen des diesjährigen Studientages der Don Bosco Familie. Aufgrund der Corona-Lage fand die Veranstaltung in hybrider Form statt – im Salesianum München sowie vor den Bildschirmen zwischen der Schweiz und Berlin haben sich zu der Veranstaltung online und vor Ort rund 50 Personen versammelt.
Dass es in diesem Jahr auch noch weitere Geburtstage zu feiern gibt, darauf machten Provinzial Pater Reinhard Gesing sowie Schwester Petra Egeling in ihren Grußworten aufmerksam: Auch die Don Bosco Schwestern und die Salesianer Don Boscos in Essen-Borbeck feiern 2022 verschiedene Jubiläen. Allesamt ermöglichen sie uns in diesen schwierigen Zeiten eine Rückschau, „die uns befruchtet, für unseren Weg in die Zukunft“, betonte der Provinzial beim Studientag. Gerade Franz von Sales, den Don Bosco zum Patron seines Werkes gemacht hat, kann laut Pater Reinhard Gesing mit seiner Freundlichkeit, Geduld und Liebe Vorbild sein – gerade auch über den pastoralen und pädagogischen Alltag hinaus.
Geburtsstunde der salesianischen Spiritualität
In seinem Vortrag ging der Referent Pater Herbert Winklehner OSFS (Oblate Hl. Franz von Sales), Leiter des Franz-Sales-Verlags und Pfarrer aus Wien, dann genauer auf die Person des „Lehrers der Liebe“ ein sowie den Ursprung des Mottos „Alles aus Liebe, nichts aus Zwang“, das einem Brief von Franz von Sales an die Baronin Johanna Franziska von Chantal entstammt. Johanna Franziska von Chantal lernt Franz von Sales in einer äußerst schwierigen Lebenssituation kennen: Ihr Mann ist verstorben und sie muss sich alleine um die vier Kinder und den Hof kümmern. Dazu setzt ihr Schwiegervater sie unter Druck und ein Priester, der ihre Sorgen und Ängste nicht ernst nimmt, empfiehlt ihr ein übertriebenes Gebetsprogramm. Pater Herbert Winklehner bezeichnet dies als Musterbeispiel für „geistlichen Missbrauch“. Franz von Sales nimmt schließlich die Sorgen der Baronin ernst, hört ihr zu und legt der stets gewissenhaften Frau dabei folgenden Satz nahe: „Mehr den Gehorsam lieben, als den Ungehorsam fürchten.“
„Gott ist Liebe“
An diesem Verhalten gegenüber Johanna Franziska von Chantal lassen sich laut Pater Herbert Winklehner OSFS die salesianischen Grundprinzipien erkennen, die schon Don Bosco inspiriert haben. Welche das ganz konkret sind, das verdeutlichte Pater Herbert Winklehner OSFS ausgehend von der „Krise in Paris“: 1586/87 habe der junge Schüler Franz von Sales aufgrund seiner eigenen Laster und Fehler Angst davor gehabt, von Gott verdammt worden zu sein. Doch in der Kathedrale Saint-Etienne erfährt er die Erlösung und gelangt auf diese Weise zu eben jenen Überzeugungen, die der Referent als „Geburtsstunde der salesianischen Spiritualität“ bezeichnet.
Ihnen zugrunde liege vor allem ein bedingungsloses Gottvertrauen und die Überzeugung, dass Gott Liebe ist. „Wer auf Gott vertraut, wird nicht untergehen.“ Aus dieser Erkenntnis heraus hat Franz von Sales gelebt, wie Pater Herbert Winklehner OSFS ausführte, und aus dieser Einstellung folge ein „liebevoller und herzlicher Umgang mit allen Menschen, damit Menschen durch ihn spüren, dass Gott Liebe ist.“
„Jeden Tag immer wieder neu beginnen – das ist salesianisch.“
Ausgehend von diesen Überlegungen, die Pater Herbert Winklehner OSFS in seinem Votrag historisch sowie mit Zitaten belegt hatte, näherte er sich gemeinsam mit den Teilnehmer*innen der Frage an, was unter dem Begriff „salesianisch“ zu verstehen ist. Eine Geschichte aus seinem privaten Leben habe ihn dazu ermutigt, sich selbst näher mit dieser Frage auseinanderzusetzen, erzählt er. In einem Management-Seminar habe ihn nämlich jemand genau das gefragt, doch zu diesem Zeitpunkt sei ihm selbst keine treffende Definition zu dem Begriff eingefallen.
Anhand verschiedener Stichworte stellte der Pater schließlich heraus, was er selbst mit dem Begriff in Verbindung bringt. Zentral in seinen Ausführungen ist der Gedanke, dass all das Tun von Franz von Sales von eben jener Überzeugung getragen ist: „Gott ist Liebe.“ Außerdem liegt dem Begriff „salesianisch“, wie er darlegte, auch etwas zugrunde, was er als „heiligen Gleichmut“ beschreibt: „Ich liebe das, was Gott will, ohne Wenn und Aber.“ Für ihn gehe es auch darum, das Herz immer wieder auf Gott auszurichten. „Jeden Tag immer wieder neu beginnen – das ist salesianisch.“
Bei den Rückmeldungen zum Begriff „salesianisch“ aus den Kleingruppen wurden von den verschiedenen TeilnehmerInnen teilweise persönliche Erfahrungen von bewegenden Erfahrungen aus dem Alltag berichtet. Dies war ein weiter Bogen, der von der herzlichen Aufnahme in Einrichtungen und Gemeinschaften ging bis hin zur gelebten spirituellen - und Gebetshaltung im richtig praktischen Alltag, von der Einladung sich in der Charta der Don Bosco Familie immer wieder zu vertiefen bis hin zur Umsetzung der kleinen Tugenden, die bei Franz von Sales genannt werden.
Bezug auf die heutige Corona-Zeit
Die Teilnehmer*innen hatten außerdem die Möglichkeit sich in Kleingruppen zu den aufgeworfenen Fragen auszutauschen. Dabei brachten viele das Thema in den Kontext der Corona-Pandemie. In einer Gruppe waren sich alle einig darüber, dass gerade in der aktuellen Situation Liebe und Geduld ganz zentral sind. „Man muss überlegen, was man aus Liebe für den anderen tun kann“, betonte Pater Heinz Menz, das sei auch hinsichtlich der Impfdebatte für ihn eine wichtige Überlegung. Eine Frau fügte hinzu, dass sie es wichtig findet, auch die innere Unruhe und Unsicherheit von Impfgegnern erst einmal wahrzunehmen– ein Weg, um wieder stärker zueinanderzufinden.
Alles in allem war es ein sehr fruchtbarer Austausch, wie die Teilnehmer*innen fanden und sie waren auch dankbar dafür, dass die Veranstaltung immerhin auf diesem Weg stattfinden konnte. Pater Reinhard Gesing betonte ebenfalls, dass es schön sei, dass man sich durch den Provinzstudientag gegenseitig Kraft und Mut geben kann.
Mit einer gemeinsamen Andacht schloss der hybride Studientag der Don Bosco Familie. Darin wurde der Weg durch das Jahr 2022 aufgegriffen und in Verbindung gebracht mit dem Wort „Kumi Ori – Mache Dich auf und werde Licht“. Die Glaubensgeschichten von Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal, von Don Bosco und vielen anderen sind Weggeschichten, die uns alle hoffen lassen dürfen, sich im weiteren Unterwegssein anstecken zu lassen von der Liebe, die Gott schenkt. Sie möge uns dazu bewegen, Menschen gerade jungen Menschen so zu begegnen, dass man spürt, dass Gott die Liebe ist. Dass dies gerade durch Freude möglich wird, ist beiden bekannt: Franz von Sales und Don Bosco.
Text und Fotos: Patrizia Czajor/RefÖA