Inselmomente
„Wie verbringst du deinen Urlaub? Was ist für dich im Urlaub wichtig? Was sind besondere Urlaubserfahrungen?“ Ich bin aufgefordert, auf diese Fragen eine ganz persönliche Antwort zu geben. Ganz spontan steht mir das Bild der Fähre nach Wangerooge vor Augen. Und gleich danach die Erinnerung an Ferien, die ich auf dieser kleinen ostfriesischen Insel verbracht habe und die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind.
Hektik des Aufbruchs
Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber aufzubrechen, egal wohin - ob zu einem Besuch in eine Gemeinschaft, zu einer Tagung oder auch zu einem Urlaubsaufenthalt - immer ist dies bei mir unweigerlich mit Hektik verbunden. So viele Dinge gibt es vorher noch zu erledigen, den Koffer zu packen, alle benötigten Materialien mitzunehmen, letzte Dinge abzusprechen. Jeder Aufbruch ist bei mir meistens mit einem starken Anstieg des Stresspegels gekennzeichnet – auch der in den Urlaub. Da bin ich buchstäblich „reif für die Insel“.
Die erste „Urlaubserfahrung“ begann auf dem Fährparkplatz. Da Wangerooge eine autofreie Insel ist, hieß es für mich ganz unerwartet: den Wagen abstellen, aber die Autoschlüssel abgeben, da die Fahrzeuge immer wieder neu umgeparkt werden müssen. Das hat mich gekostet. Das Steuer bewusst aus der Hand geben ist gar nicht so einfach.
Übersetzen mit der Fähre und beobachten, wie sich das Festland immer weiter entfernt. Abstand gewinnen vom „Festland des Alltags“ und mit Spannung das Näherkommen des Neuen erwarten. Ein wichtiges Ritual, um die vielen Alltagsbeschäftigungen einmal lassen zu können.
Entschleunigung
Da sich die Anlegestelle am unbewohnten Ende der Insel befindet, musste ich nun in die kleine und langsame Inselbahn steigen. „Schnell“ – geht hier nicht. Die Fahrt erlaubt dafür das innere Ankommen – einen Gang herunterschalten und mit einem ersten Blick auf die Dünen, das Wattenmeer und den Leuchtturm die Vorfreude auf die kommende Zeit erspüren.
Und dann die Tage auf der Insel. Sie ist sehr klein und so besteht keine Gefahr, ein umfangreiches Freizeit- und Sightseeingprogramm zu erstellen.
Einfach dasein, am Strand oder in den Dünen spazieren gehen, an gar nichts denken und nur Sonne, Wind und Meer spüren. Und Gott geht mit. Wir genießen die gemeinsamen Spaziergänge und müssen gar nicht viel miteinander reden.
Besonders faszinierend ist es, am Strand auf Schatzsuche zu gehen, Muscheln und Steine zu sammeln und die vielen kreativen und zufälligen Bilder zu entdecken, die Wasser und Wind in den Sand zeichnen. Ein Auge zu haben für die Schönheit des Zufälligen und Kleinen, die es natürlich auch in meinem Alltag gibt, die ich aber leider oft nicht wahrnehme.
Und wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir diese Inselerfahrungen nicht nur einmal im Jahr. Vielleicht sollte ich mir kleine „Inselmomente“ im Alltag gönnen. Ich weiß, sie sind möglich – ich muss sie nur wollen.
Sr. Petra Egeling