Berlin: Nach dem Scheitern ein neuer Anfang
In den 50er-Jahren begann die Arbeit der Salesianer in Berlin-Wannsee. Auf einem großen Gelände innerhalb eines großen Villenviertels befanden sich Ausbildungsstätten, Wohnheime und verschiedene Gruppenangebote. Das stationäre Angebot der Erziehungshilfe hatte beim Jugendamt einen guten Ruf, die Warteliste war lang, erinnert sich Pater Otto, der die Jugendarbeit in Heiligenstadt (Thüringen) sowie später in Berlin-Marzahn aufgebaut hatte.
Doch die Einrichtung wurde, wie es Pater Otto ausdrückt, „Opfer der Wende“. Nicht nur habe sich nach 1990 die gesetzliche Grundlage für die Jugendhilfe geändert, auch habe es die Einrichtung damals verpasst, sich an diese neue Situation anzupassen. „Das war ein Drama.“ Die Konsequenz daraus war die Schließung 2004.
Salesianer bleiben in Berlin
Schnell stellte sich laut Pater Otto heraus: „Wir müssen einen Cut machen.“ Ein neues Angebot in Wannsee zu starten, wo kaum Jugendliche lebten, machte wenig Sinn. Dennoch stand für den Orden fest, dass er in Berlin bleiben möchte und so suchten die Mitbrüder nach einer Alternative.
In den Fokus kam Marzahn-Hellersdorf, ein Berliner Bezirk mit viele Problemen, in dem anders als in Kreuzberg eher wenige soziale Initiativen ansässig waren. „Das war die richtige Stelle – bis heute“, sagt Pater Otto. Charakteristisch für den Bezirk war zudem die Tatsache, dass 90 Prozent der dort lebenden Menschen noch nie mit Religion in Verbindung gekommen waren. Auch die politische Situation war laut Pater Otto angespannt: Die Linken sowie die AfD hatten ähnlich viele Sitze in der Bezirksverordnetenversammlung. „Die Polarisierung zwischen links und rechts und dazwischen wir“ – so bringt der Salesianer die Ausgangssituation auf den Punkt.
„Das war die richtige Stelle – bis heute.“
Durch den Kontakt der Salesianer in Heiligenstadt mit den dort ansässigen Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel entstand zu dieser Zeit auch die Idee, gemeinsam ein Projekt in Berlin zu starten. So wurde die „Manege gGmbH“ ins Leben gerufen, unter deren Dach die Salesianer gemeinsam mit den Schwestern die pädagogische Arbeit in Marzahn entwickelten. Doch die Anfänge waren auch von Herausforderungen gekennzeichnet.
Offene Ablehnung der Kirche
Die Zurückweisung kirchlicher Initiativen seitens der Behörden hat Pater Otto damals an vielen Stellen deutlich gespürt. Doch die positive Entwicklung, die die Arbeit vor Ort nahm, verdanken die Salesianer auch einer Reihe sehr glücklicher Zufälle. Pater Otto erinnert sich zum Beispiel an ein Gespräch mit dem damaligen Bezirksbürgermeister. Der Grund für das Treffen war ein Gebäude der Stadt, das der Orden für die Arbeit nutzen wollte. „Ich habe zunächst totale Ablehnung und offene Konfrontation erlebt“, erinnert sich Pater Otto. Doch nach Gesprächen fand man dann doch schnell Gemeinsamkeiten und es entwickelte sich eine recht konstruktive Zusammenarbeit.
„Ich habe zunächst eine totale Ablehnung erlebt.“
Später handelte Pater Otto noch den Kauf des dahinter liegenden Gebäudes, des ehemaligen Hochbauamtes, aus. Damals erschien ihnen das Gebäude für ihre Arbeit aber eigentlich als viel zu groß. „Heute ist es eher zu klein.“
Entscheidende Weichen stellen
Auch die Arbeit mit den öffentlichen Stellen erwies sich damals aus ähnlichen Gründen schwierig. Aus ideologischen Gründen, aber auch aufgrund von schlechten Erfahrungen, lehnten viele die Zusammenarbeit mit kirchlichen Einrichtungen ab. „Wir bekamen keinen Fuß in die Tür.“ Wider Erwarten genehmigte das Jobcenter Ende 2005 jedoch eine vierwöchige Maßnahme für zehn Jugendliche im Don-Bosco-Zentrum Berlin.
Womit jedoch niemand rechnen konnte: Die Jugendlichen liefen kurz vor Heiligabend erneut zum Jobcenter und baten um eine Verlängerung der Maßnahme. Das war dann auch der Wendepunkt in der Zusammenarbeit mit dem Jobcenter, die mittlerweile laut Pater Otto „super“ ist. Als der Behörde dann ein Leiter vorstand, der die Salesianer durch seine Zeit in Südamerika kannte und sehr schätzte, intensivierte sich die Zusammenarbeit noch weiter und man entwickelte gemeinsam neue Konzepte und Ideen.
Mithilfe von politischen Kontakten wurde zudem die gesetzliche Grundlage für die Arbeit mit den Jugendlichen verbessert. Modellprojekte wurden darauf aufbauend ins Leben gerufen, die sich gerade an junge Menschen richten, die Schwierigkeiten beim Übergang von Schule in Beruf haben und meistens ohne Schulabschluss sind. Sie gehören zu der Hauptzielgruppe der Einrichtung.
„Hunger auf Bildung“ erzeugen
Besonderes Augenmerk des Don-Bosco-Zentrums in Berlin lag von Anfang an auf den jungen Menschen, die obdachlos sind, mit familiären Konflikten zu kämpfen haben, finanzielle Nöte haben oder arbeitslos sind. In der Einrichtung kümmert sich ein Team aus Pädagogen, Lehrern, Psychologen, Werkanleitern und anderen Fachpersonen um die Jugendlichen und bietet sehr vielfältige, auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe zugeschnittene Angebote an.
Bis heute machen die Salesianer unter dem Dach der „Manege gGmbH“ gemeinsam mit den Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel Jugendarbeit in Berlin-Marzahn. Gleichberechtigte Geschäftsführer sind Schwester Margareta und Pater Otto, wobei Sr. Margareta auch die Einrichtungsleitung wahrnimmt.
Text: RefÖA/Patrizia Czajor, Fotos: Manege gGmbH